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Montag, 15. März 2010

Pfefferspray auf dem Fensterbrett

Draussen liegt Schnee, drinnen
blüht meine Chili-Pflanze.
Über den Winter habe ich einige Chili-Pflanzen auf dem Fensterbrett angezogen. Sie gehören zu einer Zwergsorte der Spezies Capsicum frutescens. Der Lohn meiner ständigen Besorgnis um das Wohl der kleinen Pflänzchen kam letzte Woche. Die erste Blüte öffnete sich. Sie sieht wunderschön aus. Vor allem, wenn man sie von ganz nah betrachtet. Die weissen Blütenblätter sind nur wenige Zellen dick. In jeder einzelnen von ihnen bricht sich das Sonnenlicht und es sieht aus wie die glitzernde Oberfläche des Schnees an einem kalten Wintermorgen.
Ganz wichtig bei Chilis, die im Haus blühen, ist die Nachhilfe bei der Bestäubung. Das übernehmen normalerweise die Insekten, aber in der sterilen Umgebung eines Wohnzimmers oder Büros können die sehr rar sein. Zur Bestäubung reicht es in der Regel, die Pflanzen etwas zu schütteln. Wer sicher gehen möchte, so wie ich, der nimmt den Zeigefinger und fährt damit sanft über Staubblätter und Stempel. So landet der Pollen zuverlässig auf der Narbe und die Befruchtung kann ihren Lauf nehmen. Wenn man dabei von Freunden oder Verwandten ertappt wird, sagt man einfach: «Ich habe gerade Sex mit meiner Zimmerpflanze. Dürfte ich bitte um etwas Privatsphäre bitten.»
Die Blütenblätter sind so dünn, dass jede
einzelne Zelle als glitzernder Punkt sichtbar ist.
Einige Tage nach der Befruchtung fallen die Blütenblätter ab und die Schote beginnt zu wachsen. In ihr bildet sich eine sehr interessante Chemikalie, das Capsaicin. Es gibt der Schote ihre Schärfe und ist derselbe Stoff, der auch in Pfeffersprays verwendet wird. Jetzt die grosse Preisfrage: Warum pumpt eine Pflanze ihre Früchte mit einer Substanz voll, welche sie ungeniessbar machen?
Nicht ganz ungeniessbar, lautet die Antwort. Denn beim Konsum von Capsaicin verschlägt es ausschliesslich Säugetieren den Atem. Nicht aber Vögeln. Die spüren gar nichts. Für sie sind Chili-Schoten ein Festessen. Darum färben die Pflanzen ihre reifen Früchte so schön rot, weil das die Lieblingsfarbe der Vögel ist.
Das Capsaicin dient aber nicht dazu, Säugetiere vom Bankett abzuhalten. Vielmehr ist es eine Abwehr gegen Fusarien. Das sind Pilze, die es auf Chili-Samen abgesehen haben. In der ursprünglichen Heimat der Chilis, Mittelamerika, sind sie weit verbreitet. Darum begannen sich die Pflanzen im Laufe der Evolution gegen diese Räuber zu wehren, indem sie immer mehr Capsaicin produzierten. Es hindert die Pilze am Wachstum. Das ist auch der Grund, warum mit Chili versetze Speisen länger frisch bleiben.

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